Nachdem sich eine 64-jährige US-Amerikanerin erstmals mit der Suizid-Kapsel „Sarco“ in der Schweiz das Leben genommen hatte, sitzt der Präsident der Sterbehilfeorganisation „The Last Resort“ noch immer hinter Gittern. Ein möglicher Grund für die ungewöhnlich lange Untersuchungshaft: Ein Forensiker soll Würgemale an der Toten gefunden haben.
Der Fall um den erstmaligen Einsatz der Sterbekapsel Ende September hatte für Aufsehen und hitzige Diskussionen gesorgt. In die Kabine, die aus dem 3D-Drucker kommt, wird Stickstoff geleitet. Ein Mensch mit Sterbewunsch wird darin innerhalb kürzester Zeit bewusstlos, nach fünf Minuten ist er tot.Untersuchungshaft ungewöhnlich langEine US-Amerikanerin ist die erste Person, die wegen ihrer schweren Erkrankung diesen Schritt wagte. Assistierter Suizid oder Freitodbegleitung sind in der Schweiz legal – dennoch gab es nach dem ersten Einsatz der Todeskapsel mehrere Festnahmen. Florian Willet von der Organisation „The Last Resort“ ist jedoch der Einzige, der mittlerweile einen Monat in Untersuchungshaft ist. Eine lange Zeit für Ermittlungen, wenn es lediglich um den Vorwurf von „selbstsüchtiger“ Beihilfe zum Suizid geht. Würgemale sorgen für SpekulationenWie die niederländische Zeitung „de Volkskrant“ berichtete, soll es um einen viel ernsteren Vorwurf gehen: Demnach ermittle die Staatsanwaltschaft offenbar auch wegen vorsätzlicher Tötung. Denn ein Forensiker, der die US-Amerikanerin wenige Stunden nach ihrem Tod in einem Waldstück in Schaffhausen untersuchte, habe schwere Verletzungen am Nacken festgestellt. Von Würgespuren ist die Rede – was offenbar die Frage aufwirft, ob bei dem begleiteten Suizid nachgeholfen wurde.Willet war mit der Suizid-Kandidatin allein im Wald, als diese starb. Zwei Anwälte und eine Fotografin von „de Volkskrant“ kamen erst nach deren Tod zum Schauplatz, wurden wie Willet verhaftet. Im Gegensatz zum Präsidenten der Sterbehilfeorganisation kamen alle anderen jedoch kurze Zeit später wieder frei. Doch es gibt noch eine andere mögliche Erklärung zu den Würgemalen: Die Verstorbene habe an einer Knochenmark-Infektion (Osteomyelitis) gelitten. Diese könnte die verdächtigen Spuren am Hals der 64-Jährigen verursacht haben, wie eine Quelle aus dem Umfeld von The Last Resort gegenüber „NZZ“ erklärte.Videoaufnahmen legen Willets Unschuld naheZudem gebe es laut „de Volkskrant“ Videoaufnahmen, die den Sterbeprozess zeigen. Da die Kamera nur auf Bewegung reagierte, wiesen die Aufnahmen zwar Lücken auf, würden aber nichts Verdächtiges zeigen. Die einzige Bewegung innerhalb der Kapsel wurde die Verkrampfung des Körpers der Frau registriert – da soll sie aber schon bewusstlos gewesen sein. Willet habe den Deckel der Suizidkapsel nicht geöffnet.Journalisten aus den Niederlanden denken, dass der Vorwurf der vorsätzlichen Tötung nur ins Spiel gebracht wurde, um der Staatsanwaltschaft mehr Ermittlungsspielraum zu ermöglichen. Der Schaffhauser Staatsanwalt gab keine Stellungnahme ab und verwies auf das Untersuchungsgeheimnis.