In Italien zieht die Affäre um die illegale Beschaffung vertraulicher Daten durch eine Hackergruppe weitere Kreise. Nachdem bekannt wurde, dass die Bande hochrangige Politiker, Industrielle, Künstler und Sportler ausspionierte, will Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zur Gegenwehr greifen.
Demnach plant die Regierung Maßnahmen zur Stärkung der Cybersicherheit. Die nationale Behörde für Cybersicherheit arbeitet an einem Maßnahmenpaket zur Bekämpfung illegaler Zugänge zu strategischen Datenbanken. Justizminister Carlo Nordio betonte, die Gesetze müssten angepasst und auf den neuesten Stand gebracht werden, um Spionageattacken besser bekämpfen zu können.Den Beschuldigten ist es laut den Mailänder Ermittlern gelungen, in mehrere staatliche und private Datenbanken einzudringen. Allein beim Innenministerium wurden Tausende Datensätze gestohlen, vor allem aus dem digitalen Vorstrafenregister. Gekapert wurden aber auch die Datenbanken der staatlichen Rentenversicherung, der Steuerverwaltung und das nationale Personenregister.Kontakte zu Mossad und MafiaDie in Mailand ansässige Schnüfflerbande soll sich im vergangenen Jahr mit Personen getroffen haben, die mit den israelischen Geheimdiensten in Verbindung stehen. Wie aus den Ermittlungen der Mailänder Staatsanwaltschaft hervorgeht, sollen ein ehemaliger Carabiniere und der Hacker der Bande im Februar 2023 zwei israelische Mossad-Agenten getroffen haben. Kontakte zur Mafia und zu inländischen Geheimdiensten soll es auch gegeben haben.Betroffen von dem Datenklau sind auch Staatspräsident Sergio Mattarella und Senatspräsident Ignazio La Russa, Mitglied von Melonis postfaschistischer Partei Fratelli d‘Italia. Im Fall von Mattarella wurde der private Mail-Account gehackt. Über La Russa und einen seiner Söhne wurden Dossiers angelegt.60 VerdächtigeAn der Spitze der Hackerbande steht der politisch bestens vernetzte Unternehmer Enrico Pazzali, Präsident der Mailänder Messe, der sich inzwischen von allen Ämtern zurückgezogen hat. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Mailand wird gegen etwa 60 Verdächtige ermittelt, von denen sechs festgenommen wurden.Über 800.000 Personen abgehörtDen Verdächtigten wird vorgeworfen, eine Organisation aus Hackern, IT-Beratern und Polizisten aufgebaut zu haben, die auch illegale Abhörmaßnahmen durchgeführt habe. Über 800.000 Personen sollen ins Visier der Bande geraten sein. Die Mailänder Staatsanwaltschaft sperrte am Montag einen Server in Litauen, der von der Bande genutzt wurde.Nach Angaben der Mailänder Staatsanwaltschaft wurden die Daten von den Käufern in der Folge genutzt, um Personen unter Druck zu setzen. Besonders häufig sei dies in Unternehmerkreisen der Fall gewesen, aber auch Politiker und Journalisten seien von Erpressungsversuchen betroffen gewesen.