Der prominente russische Bürgerrechtler Oleg Orlow plädiert für eine umfassende Unterstützung der Ukraine zur Abwehr des von Moskau aufgezwungenen Krieges. „Man muss der Ukraine unbedingt helfen, denn eine Niederlage hätte schreckliche Folgen für sie wie auch für mein Land“, sagte der im Exil lebende Mitbegründer der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Der 71-Jährige mahnte die europäischen Länder, sich nicht vom russischen Präsidenten Wladimir Putin einschüchtern zu lassen. „Wenn Ihr in Europa den Aggressor besänftigen wollt, werdet Ihr an Euren Grenzen ein schreckliches, brutales, aggressives Imperium haben. Ich verstehe die Politiker in Europa nicht, die das nicht verstehen.“Nur ein Teil der Politiker sieht GefahrSeinen Gesprächen in Deutschland nach zu urteilen sehe ein Teil der Politiker die Gefahr, sagte Orlow. „Aber es gibt auch Kräfte, die um ihrer Wähler willen, um ihrer Mandate im Bundestag willen zu Kompromissen bereit sind, die zu einer Katastrophe führen werden.“Orlow war wegen seiner Proteste gegen den Krieg im Februar in Moskau zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er kam aber im August bei einem Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen frei.Orlow wurde wegen „Diskreditierung der Armee“ zu zweieinhalb Jahren im Lager verurteilt – nach einem Austausch ist er wieder in Freiheit:Niederlage Moskaus wichtig für DemokratieRusslands demokratische Opposition ist sich zwar in der Ablehnung des Krieges einig, es gibt aber unterschiedliche Sichtweisen zur Ukraine. So sah Julia Nawalnaja, Witwe des in Haft umgekommenen Kremlkritikers Alexej Nawalny, in einem „Zeit“-Interview westliche Waffenlieferungen kritisch, weil diese Bomben auch Menschen in Russland treffen.In der Unterstützung für die Ukraine und einer möglichen Niederlage Moskaus liege die wichtigste Chance für eine künftige Demokratisierung Russlands, sagte Orlow. „Ich kann nicht sagen, dass dies hundertprozentig zu einem Sturz von Putins Regime führen wird. Aber sein Sieg führt hundertprozentig zu einer Stabilisierung des Regimes und dazu, dass nach Putin wieder Putin kommt.“Was ist taktisch wichtiger?Es lasse sich deshalb nicht sagen, was taktisch wichtiger sei: „Im Kampf gegen den Krieg wird Putin bekämpft und im Kampf gegen Putin der Krieg. Das ist untrennbar verbunden“, sagte Orlow. Für den 17. November hat die russische Opposition im Exil zu einer Anti-Kriegs-Demo in Berlin aufgerufen. Dafür sind neben Nawalnaja auch die Kremlkritiker Ilja Jaschin und Wladimir Kara-Mursa als Redner angekündigt.