Nächster Polit-Wirbel auf Gemeindeebene im Tiroler Außerfern: Nach dem Eklat im elfköpfigen Biberwierer Gemeinderat – alle fünf Oppositionelle traten geschlossen zurück, Stichwort: Fernpass-Paket – sagt nun auch Gemeindevorständin Regina Karlen in Breitenwang: „Es reicht!“ Die Vergabe einer Gemeindewohnung an den Sohn des Bürgermeisters sei so für sie nicht akzeptabel.
„Wenn das in Tirol möglich ist, will ich nicht mehr weitermachen“, beschreibt eine zutiefst enttäuschte Regina Karlen, oppositionelle Grüne Gemeindevorständin in Breitenwang bei Reutte, der „Krone“ ihren Gemütszustand. Mit „das“ meint sie eine Amtshandlung von BM Hanspeter Wagner (absolute Mehrheit im Ortsparlament).„Hätte Befangenheit feststellen müssen“Der sorgte vor gut einem Jahr dafür, dass sein Sohn mit Familie in eine um 80.000 Euro sanierte Gemeindewohnung einziehen konnte. Das Verwerfliche für die Mandatarin sei, dass erstmals eine Wohnungsvergabe ohne Gemeinderatsbeschluss über die Bühne ging und die Mietkosten deutlich unter dem „üblichen“ Niveau seien.Und dass sie im Nachhinein erfahren habe, dass damals eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern dringend ein Dach über dem Kopf suchte, finde sie skandalös: „Ein Alleingang eines Bürgermeisters geht nur in einer Notsituation. Im Übrigen hätte er seine Befangenheit feststellen müssen.“Staatsanwalt und Gemeindeaufsicht sahen kein VergehenKarlen schaltete im April die Staatsanwaltschaft ein und bat um rechtliche Prüfung. Diese ließ bald wissen, dass kein Ermittlungsverfahren eingeleitet werde. Die Grün-Mandatarin dachte daraufhin laut über einen Frust-Rückzug nach, wollte aber noch die Reaktion der ebenfalls befassten Gemeindeaufsicht abwarten. Diese traf mittlerweile ein, argumentierte unter anderem mit einer „10-Prozent-Klausel“ und sieht ebenfalls kein Vergehen Wagners. Die Kommunalpolitikerin wiederum sieht keinen Sinn, „in einem System weiterzuarbeiten, in dem so etwas legal möglich ist.“So wählte Karlen die Gemeinderatssitzung am Donnerstag als Rahmen, vor teilweise verdutzten Kollegen ihren persönlichen Schlussstrich zu ziehen.„Ihr alle von der Bürgermeisterfraktion schweigt dazu“Die bemerkenswerte Rede kann durchaus als Abrechnung verstanden werden. Die Scheidende verzweifle an der Rechtsordnung, „die es einem Bürgermeister ohne Notsituation ermöglicht, seinem eigenen Sohn eine Gemeindewohnung zu verschaffen und einer in einer wirklich prekären Situation stehenden Alleinerziehenden Hilfe versagt bleibt.“ Sie müsse sich eingestehen, dass der Bürgermeister aus rechtlicher Sicht keinen Fehler gemacht hat. „Doch ist das, was rechtlich durch irgendein Schlupfloch passt, auch moralisch in Ordnung?“, fragt sie, „und ihr alle von der Bürgermeisterfraktion schweigt dazu.“Keine Stellungnahme vom BürgermeisterGeschwiegen hat auch Dorfchef Wagner, nämlich gegenüber der „Krone“. Er konnte für eine Stellungnahme nicht erreicht werden und die Bitten um einen Rückruf wurden ignoriert. Regina Karlen hingegen hat immerhin erreicht, dass es in Zukunft in Breitenwang klare Kriterien für die Vergabe von Gemeindewohnungen geben wird. Aber erst, wenn sie weg sei, habe man gesagt.