Anders als sein grüner Ministerkollege Robert Habeck hat sich Landwirtschaftsminister Cem Özdemir einer Gruppe wütender Bauern am dritten Tag ihrer Protestwoche gestellt. Unter Pfiffen und Buhrufen betonte der 58-Jährige, dass er in die Beschlussfassung, die zu den Subventionskürzungen für Landwirte geführt hatte, nicht involviert war. Er habe auch dagegen angekämpft, so Özdemir.
Als Erfolg wertete der Grünen-Politiker, der in Ellwangen (Baden-Württemberg) bei einer Bauern-Kundgebung auftrat, die Rücknahme der ursprünglich geplanten Streichung der Kfz-Steuerbefreiung. „Das ist ja nicht Nix“, so Özdemir, der immer wieder Pfiffe und Buhrufe erntete.Es gab auch ApplausApplaus gab es aber auch - und zwar, als der Minister zu mehr Verständnis und Wertschätzung auf allen Seiten aufforderte. Auch diese Worte gefielen: „Es muss künftig so sein, dass bei solchen Beschlüssen, die eine solche Tragweite haben, der Berufsverband und die Betroffenen vorher einbezogen werden.“Özdemir warnt vor „Verhältnissen wie in den USA“Bereits tags zuvor hatte Özdemir vor einer weiteren Spaltung der Gesellschaft gewarnt. „Die Menschen auf dem Land haben das Gefühl, abgehängt zu sein. Sie sorgen sich, dass sie in einer zunehmend von Städtern dominierten Politik unter die Räder kommen“, sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Das ist ein gefährlicher Spaltpilz, der zu Verhältnissen wie in den USA führen kann: Man redet nicht mehr miteinander, man glaubt einander nicht mehr und man unterstellt sich gegenseitig alles Böse dieser Welt.“ Das Ziel müsse sein, das Land „in der Mitte zusammenzuhalten“.Kritik nach dem Auftritt vor mehreren Hundert Bauern und Vertretern anderer Branchen, die sich mit den Wut-Wirten solidarisiert haben, gab es seitens des Landesbauernverbands von Baden-Württemberg. Der Minister habe nämlich „vollkommen offen gelassen, wie seiner Ansicht nach eine zukunftsfähige Landwirtschaft aussehen und aktiv gestaltet werden kann“. Aber gerade diese Frage beschäftige viele junge Bäuerinnen und Bauern.Auch am Mittwoch haben mehrere Tausende Landwirte gegen die Agrarpolitik der Ampel-Koalition in mehreren deutschen Bundesländern protestiert. Diese verliefen weitgehend friedlich. Allerdings kam zu den Verkehrsbehinderungen durch Traktoren und andere landwirtschaftliche Fahrzeuge ein Streik der Lokführer der Deutschen Bahn erschwerend hinzu.