Heinz Palme arbeitete bei der Fußball-WM 2006 als Generalkoordinator des Organisationskomitees, als Leiter des Projektmanagements und als Protokollchef sehr eng mit Franz Beckenbauer zusammen. Der Steirer über seinen Freund Franz, mit dem er unglaubliche Dinge erlebt hat. Alles begann mit einem Kunstschuss in einen Mistkübel.
Eine der legendärsten Episoden im Aktuellen Sportstudio des ZDF geht auf Franz Beckenbauer zurück. Als 1994 Bayern München gerade deutscher Meister geworden war, versenkte der Kaiser bei der Kultsendung den Ball von einem vollen Weizenglas im unteren Loch der Torwand.Ball aus zehn Metern versenktDie einmalige Schusstechnik erlebte auch Heinz Palme 2001 bei einem der ersten Meetings für die WM 2006. Der Steirer und einige Kollegen probierten vor Beginn der Sitzung, einen Fußball in einen Mistkübel zu schießen, scheiterten aber mit Pauken und Trompeten. Dann ging die Tür auf und der Kaiser betrat den Saal und lächelte: „Griaß eich, was macht ihr denn da?“ Beckenbauer war natürlich gleich voll dabei, versenkte gleich den ersten Schuss aus zehn Metern direkt im Mistkübel. Palme sagt: „Franz hatte einfach eine elegant-lässige Art, der sich niemand entziehen konnte. Es war aber auch unglaublich, wie akribisch er gearbeitet hat, wie detailliert er Unterlagen gelesen hat. In seinem Aktenkoffer hatte er immer alles Wichtige dabei.“ Der frühere Pressechef des Österreichischen Fußball-Bundes betont weiters: „Franz war ein weltbekannter Mensch. Aber er hat nie jemanden spüren lassen, wie groß er eigentlich ist.“Freundlich und großzügigVielmehr war er immer ein sehr freundlicher und großzügiger Mensch. Folgende Anekdote beschreibt das gut. Palme checkte einmal im Hotel Adlon in Berlin gemeinsam mit Beckenbauer aus. Der Kaiser trug sein ganzes Gepäck selbst. Als ihm ein Hotelangestellter helfen wollte, sagte er nur: „Das passt schon, das schaffe ich schon.“ Trotzdem hielt er kurz an und gab 20 Euro Trinkgeld. Der Rummel um Beckenbauer war immer gewaltig. Palme erzählt: „Bei der WM 2006 bin ich einmal mit ihm mit einem Hubschrauber zu einem Spiel nach Köln geflogen. Er wurde dort von Tausenden Menschen erwartet. Trotz eines gewissen Terminstresses nahm er sich Zeit für die Fans.“„Franz brachte Lockerheit, öffnete die Herzen der Menschen“Unvergessen für Österreichs Mr. Fußball ist auch folgender Beckenbauer-Satz kurz vor dem Ende der WM 2006: „Heinz, noch eine Woche, dann ist das Ganze vorbei und wir sind wieder normale Menschen.“ Lachende Replik von Palme: „Ich schon, du nicht.“ Der 65-Jährige betont: „Ohne Franz wäre die Fußball-WM 2006 nie zu diesem Sommermärchen geworden. Er brachte Lockerheit, öffnete die Herzen und verband die Menschen.“ Die Menschen liebten ihn. Beckenbauer kannten auch die Leute, die nichts mit Fußball am Hut haben. Auch dazu hat Palme ein passendes Erlebnis bereit. Vor vielen Jahren organisierte er beim Stadtheurigen Gigerl in Wien ein kleines Event mit Günther Netzer, Uwe Seeler, Rainer Bonhof und Franz Beckenbauer. Alles fand in einem ganz ruhigen Eckerl statt. Kaum jemand wusste davon. Zwei Mädchen erkannten aber Beckenbauer und baten um ein Autogramm. Die Fußball-Legende kümmerte sich extrem herzlich um ihr Anliegen. Palme: „Er hat nie einen Autogrammwunsch abgelehnt. Seine innere Ruhe war ein Markenzeichen von ihm.“Letztes Treffen im Europa-Park in RustBeckenbauer schätzte Palme sehr. Bei Sitzungen des Organisationskomitees für die WM 2006 sagte er oft: „Der Heinz kennt sich aus, wir müssen ihm vertrauen, wir machen das so, wie er das vorschlägt.“ Als Beckenbauer einmal bei der GTM-Trophy zu Gast war, betonte er: „Hätten wir den Heinz bei der WM nicht gehabt, um Himmels willen. Er war einer der Wichtigsten.“ Palme: „Das hat mir extrem viel bedeutet.“ Aus der Zusammenarbeit entstand eine echte Freundschaft. An seine letzte Begegnung mit Beckenbauer erinnert sich Palme noch genau: „Wir haben uns 2016 beim Camp Beckenbauer im Europa-Park in Rust getroffen. Erstmals war Franz nicht mehr im besten Zustand. Er war körperlich angeschlagen, ging nicht mehr so locker und lässig durch die Gegend.“ Später an diesem Tag suchte Beckenbauer frustriert das Gespräch mit Palme. Die von Medien geschriebenen Vorwürfe rund um die Vergabe der WM 2006 gingen ihm extrem nahe. In Folge baute er auch nach dem Tod seines Sohns Stephan körperlich immer mehr ab.„Es fühlte sich so an wie beim Tod von Ernst Happel“Die am Montag verbreitete Todesnachricht von Franz Beckenbauer traf Palme hart: „Ich habe in der letzten Zeit sehr viel an ihn gedacht. Als ich von der Todesnachricht hörte, war ich sehr traurig. Es fühlte sich so ähnlich an wie beim Tod von Ernst Happel.“