Für Menschen mit Diabetes sind es nicht nur körperliche Beschwerden, die zur ständigen Herausforderung werden. Auch mentale Belastungen wie Depression oder Angst gehören häufig zum Alltag. Umso entscheidender ist die psychische Unterstützung der Betroffenen, wie eine Expertin aus Wien aufzeigt.
Bei der Zuckerkrankheit treten neben körperlichen Symptomen oftmals auch psychische Beschwerden wie Depression (22-30% der Patienten) und Angststörungen (28%) sowie sogenannter „Diabetes Distress“ (bis zu 45%) auf. „Diese Leiden gehören zu den häufig mit Diabetes in Zusammenhang gebrachten psychischen Problemen“, erklärt die Stoffwechselexpertin und Psychotherapeutin Dr. Heidemarie Abrahamian aus Wien im Fachmagazin „Ärzte Krone“.Nicht jeder kennt den Begriff „Diabetes Distress“. Dr. Abrahamian erklärt: „Dieser wird gegen Depression abgegrenzt und bedeutet so viel wie unbewältigter psychischer Stress. Er beinhaltet auch Sorgen, Bedenken und Ängste, die mit einer chronischen, fordernden und fortschreitenden Erkrankung verknüpft sind.“Starker Stress durch die chronische KrankheitWer mit einer chronischen Krankheit wie Diabetes mellitus konfrontiert wird, verspürt meist psychischen Stress. „Das ist eine normale Reaktion, solange die Dauer zeitlich begrenzt ist und Bewältigungsstrategien erarbeitet werden“, erklärt die Expertin. „Bei anhaltenden Symptomen wie Rückzug, Traurigkeit, Interesselosigkeit, Verlust von Freude oder vernachlässigter Diabeteskontrolle ist professionelle Hilfe erforderlich.“Denn psychischer oder psychosozialer Stress bewirken die Aktivierung bestimmter Botenstoffe, die bei längerer Dauer zu negativen Auswirkungen im Körper führen. „Es werden z. B. vermehrt Substanzen wie Katecholamine oder Cortisol ausgeschüttet. Auch Corticotropin Releasing Hormon (CRH) spielt als Botenstoff eine wichtige Rolle“, so Dr. Abrahamian. „Das zeigt dann ungünstige Wirkung auf Stoffwechsel, Herz-Kreislauf-System, Gehirn und Immunabwehr.“Bewältigungsstrategien entwickelnDie psychische Unterstützung zielt darauf ab, Bewältigungsstrategien zu erarbeiten und damit die Aktivierung negativer Botenstoffe zu vermindern. Denn bei der Behandlung der psychischen Beschwerden geht es nicht nur um die Besserung der seelischen Symptome, sondern auch um nachhaltige positive Effekte auf den Stoffwechsel. Die Stärkung des Selbstvertrauens mit Verringerung von Sorgen, Ängsten und Befürchtungen sind dabei wichtige Bausteine. Patienten können sich an Sportlern orientieren. Hier zielen psychologische Trainingsmethoden darauf ab, das Durchhaltevermögen über einen gelernten und bewusst geführten positiven inneren Dialog zu stärken.Dabei werden realistische Ziele und Leistungsmöglichkeiten vergegenwärtigt. Dr. Abrahamian: „Diese Vorgangsweise kann in die Diabetestherapie übertragen werden. Motivierende positive Durchhalteformeln auf Post-its schreiben, wie: ,Ich mache jetzt meine tägliche Bewegung. Das tut meinem Körper gut, alles wird besser.‘“ Entspannungstechniken sind ebenfalls hilfreich. Autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Yoga und Meditation führen bei korrekter Anwendung zu Entspannung, auch der Skelettmuskulatur, Gefäßerweiterung sowie Verlangsamung der Atmung.