Jede Woche neue Krankheitsfälle und mittlerweile mehr als tausend Tote: Schon seit Monaten kämpfen die Gesundheitsbehörden in Afrika gegen die Krankheit Mpox. Auch wenn Impfkampagnen begonnen haben, scheint ein Ende des Ausbruchs vorerst nicht in Sicht.
Wöchentlich aufs Neue wiederholt Jean Kaseya, Direktor der afrikanischen Gesundheitsbehörde CDC Africa, in seinen Lageberichten: „Mpox in Afrika ist nicht unter Kontrolle“. Für ihn und andere Gesundheitsexperten hat die Lage etwas von einem Déjà-vu.Denn wie schon während der Covid-Pandemie zeigen sich die Schwächen der Infrastruktur des Gesundheitswesens auf dem Kontinent: zu wenig Labor- und Testkapazitäten, vor allem aber zu wenig eigene Impfstoffproduktion. Die Gesundheitsbehörden auf dem Kontinent sind darauf angewiesen, dass die reichen Länder Impfstoffe aus ihren Beständen zum Schutz vor dem Virus zur Verfügung stellen.Ausbrüche in mittlerweile 20 LändernDerzeit gibt es nach Angaben von CDC und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Mpox-Fälle in 20 afrikanischen Ländern – in der vergangenen Woche ist ein erster Fall in Angola aufgetreten. Seit Jahresbeginn ist die Zahl der Fälle auf bald 60.000 gestiegen, 1164 Todesfälle gab es in diesem Jahr bisher im Zusammenhang mit Mpox.Mpox, früher Affenpocken genannt, treten – hauptsächlich von Nagetieren auf den Menschen übertragen – in Zentralafrika immer wieder auf. Dass es über Jahrzehnte nie zu großen Ausbrüchen kam, lag unter anderem an der früher üblichen Pockenimpfung. Sie schützt auch gegen die eng verwandten Mpox-Viren. Die Pocken gelten seit 1980 als ausgerottet, daher wurden die Impfungen eingestellt.Weltweiten Mpox-Alarm ausgerufenMitte August hatten CDC Africa und WHO wegen der Mpox-Ausbrüche in Afrika und der neuen, womöglich gefährlicheren Variante Ib die höchste Alarmstufe ausgerufen. Damit sollen Behörden in aller Welt zu erhöhter Wachsamkeit gebracht werden. Auch galt es, auf dem Kontinent eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, während die Fälle von der besonders betroffenen Demokratischen Republik Kongo (DRK) auf immer mehr Staaten auch außerhalb Zentralafrikas übergriffen.Mehr als 90 Prozent der Fälle werden allerdings weiterhin in Zentralafrika verzeichnet. Auch 95,5 Prozent der 2680 neuen Fälle der vergangenen Woche gab es im Kongo, in Uganda und Burundi.Verzögerungen bei den ImpfkampagnenBis zur ersten Novemberhälfte erhielten die DRK, Ruanda und Nigeria insgesamt 280.000 Dosen Impfstoff. Doch die Impfungen begannen im Kongo und in Nigeria mit Verzögerungen. Schlechte Infrastruktur in riesigen Gebieten, mangelnde Kühlmöglichkeiten und Strom-Engpässe erschweren die Verteilung der Impfstoffe gerade in ländlichen Regionen zusätzlich.Zudem sind die bisher gelieferten Impfdosen letztlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein: Schon bei der Ausrufung des Alarms hatte Kaseya von mindestens zehn Millionen Impfdosen gesprochen, die auf dem Kontinent benötigt würden, um dem Ausbruch Einhalt zu gebieten.Noch keine Impf-Lösung für KinderHinzu kommt: Zu den besonders betroffenen Gruppen gehören Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren. Ihr Anteil an den Krankheitsfällen liegt in den einzelnen Ländern zwischen 40 und mehr als 50 Prozent. Da allerdings nicht alle Staaten Krankheitsfälle bei Kindern gesondert erfassen, gibt es keine Zahlen für alle betroffenen Länder.Doch die vorhandenen Impfstoffe gegen Mpox sind bisher nicht für Kinder zugelassen. Hier gibt es nun Hoffnung, so Ngashi Ngongo, der Mpox-Manager der CDC Africa in der jüngsten Bilanz am Donnerstag. Japan habe der Demokratischen Republik Kongo drei Millionen Dosen eines Impfstoffs in Aussicht gestellt, der auch für Kinder ab einem Jahr in Frage kommt. Da Zulassungsverfahren in dem afrikanischen Land steht allerdings noch aus.Hygienemaßnahmen greifen nur begrenztAbstand und Hygienemaßnahmen, mit denen schon während der Corona-Pandemie versucht wurde, Ansteckungen zu minimieren, können nur begrenzt greifen – ganz besonders im stark betroffenen Ostkongo. Hier leben insgesamt rund sieben Millionen Menschen unter äußerst beengten Verhältnissen in Flüchtlingslagern, nachdem sie vor bewaffneten Kämpfen in der konfliktreichen Region geflohen sind.„Man kann nicht einmal daran denken, alle Verdachtsfälle zu isolieren, weil es eine riesige Bevölkerung gibt und es keinen Platz und keine Einrichtungen dafür gibt“, sagte Agnese Commelli, Ärztin der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen in Goma im Ostkongo, der Deutschen Presse-Agentur.Viele Erkrankte warten erst mal abViele Menschen suchen die Gesundheitsdienste erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit auf, wie Commelli erläutert. „Die laufen keine vier Kilometer oder mehr zum nächsten Gesundheitsposten, bloß weil sie Fieber haben. Sie kommen, wenn es ihnen schlechter geht und der Hautausschlag bereits fortgeschritten ist.“ Auch sei die Furcht vor einer Mpox-Ansteckung nicht sonderlich ausgeprägt, hat die Ärztin festgestellt: „Es ist kein Ebola.“Bis zum Arztbesuch würden daher oft Angehörige und Nachbarn angesteckt, vor allem dort, wo die Menschen dicht beieinander lebten. Neben dem charakteristischen Hautausschlag zählen Schüttelfrost, Fieber sowie Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen zu den typischen Symptomen.Tödliche Verläufe gibt es vor allem in Regionen mit begrenztem Zugang zu medizinischer Versorgung. Sie betreffen häufig Kinder, vor allem bei Unterernährung, sowie Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Nach einer durchgemachten Mpox-Erkrankung entwickelt man eine jahrelang anhaltende Immunität gegen eine erneute Ansteckung. Bereits erkrankte Menschen brauchen daher zunächst keine Impfung.