In seinem Buch „Er muss weg“ beleuchtet Journalist und Autor Gernot Rohrhofer den komplexen und jahrelangen Streit zwischen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und dem verstorbenen ehemaligen Sektionschef Christian Pilnacek. Dieser Konflikt wird als eine zentrale Auseinandersetzung im österreichischen Justizsystem dargestellt, die nicht nur persönliche Rivalitäten, sondern auch tiefgreifende institutionelle Probleme aufzeigt.
Der Streit begann, als die WKStA an Bedeutung gewann und erste Ermittlungserfolge im Bereich der Korruption erzielte. Pilnacek, der eine zentrale Figur in der Justiz war, sah sich zunehmend bedroht durch die Unabhängigkeit und die ambitionierten Ziele der WKStA. Laut Rohrhofer schürte Pilnacek kontinuierlich Misstrauen gegen die Ermittlungsbehörde und versuchte, ihre Befugnisse einzuschränken.
Rohrhofer schildert, wie der Konflikt zwischen der WKStA und Pilnacek nicht nur juristische, sondern auch politische Dimensionen annahm. Verschiedene politische Akteure, darunter Minister und Abgeordnete, mischten sich ein und beeinflussten die öffentliche Wahrnehmung der Ereignisse. Pilnacek galt als Sprachrohr für die konservativen Kräfte in der Justiz, die oft gegen die Reformbestrebungen der WKStA opponierten.
Ein zentraler Punkt des Buches ist die Analyse der unterschiedlichen Ansätze der beiden Institutionen. Die WKStA war bestrebt, Korruption konsequent zu verfolgen und Transparenz in der Politik zu fördern, während Pilnacek sich oft in einem defensiven Modus befand und die Maßnahmen der WKStA als übertrieben oder ungerechtfertigt darstellte. Diese Sichtweise führte zu einem intensiven Streit um die legitimierte Vorgehensweise gegen Korruption in Österreich.
Der Autor hebt in seinem Werk auch die persönlichen Aspekte des Konflikts hervor. Pilnacek war eine charismatische, aber auch umstrittene Figur, die viele Unterstützer sowie Gegner hatte. Rohrhofer beschreibt, wie sein Verhalten und seine Entscheidungen im Zentrum von Kontroversen standen und er in zahlreichen medialen Auseinandersetzungen involviert war. Diese Dynamik sorgte dafür, dass der Konflikt nicht nur auf institutioneller Ebene, sondern auch im öffentlichen Diskurs ständig präsent war.
Das Buch thematisiert auch die letztendlichen Folgen des Konfliktes, insbesondere die Auswirkungen auf die Integrität des Justizsystems in Österreich. Die anhaltenden Spannungen führten dazu, dass das Vertrauen in die Justiz Voraussetzungen auf die Probe gestellt wurde. Viele Bürger kamen zu dem Schluss, dass das System nicht in der Lage sei, Korruption effektiv zu bekämpfen, was zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit führte.
Insgesamt zeigt Gernot Rohrhofer in „Er muss weg“ eindrucksvoll auf, wie individuelle Machtkämpfe und institutionelle Spannungen miteinander verknüpft sind und welche Rolle sie in der politischen Kultur Österreichs spielen. Das Buch liefert nicht nur einen tiefen Einblick in die spezifischen Ereignisse rund um Pilnacek und die WKStA, sondern regt auch zur Reflexion über die größeren Zusammenhänge und Herausforderungen im österreichischen Justizsystem an.